Andacht: Überwinde das Böse mit Gutem

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist‘s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ Vielmehr, „wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln“. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Gottesdienst mit Maske, Abstand und Hygienekonzept. So kennen wir das inzwischen in unseren Kirchen. Gottesdienste im Fernsehen und Hörfunk haben mit Corona an Bedeutung gewonnen. Die vielen digitalen Gottesdienste im Internet sind ein echter Gewinn. 

Paulus erinnert uns im Römerbrief an einen ganz besonderen Gottesdienst. Der ist an kein Gebäude und keine Uhrzeit gebunden. Von Anfang gehört er zur Kirche Jesu. Der Gottesdienst im Alltag. Für diesen analogen Gottesdienst mitten im Leben von Mensch zu Mensch beschreibt Paulus liturgische Bausteine. 

„Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann“ – und natürlich jedefrau! Faszinierend und herausfordernd zugleich! Unser Handeln aus dem Glauben heraus ist universell, auf alle Menschen auf Gottes Erdboden ausgerichtet. Nahe und Ferne. Vertraute und Fremde. Unsympathische, Gegner, ja, selbst der komische Nachbar oder die nervige Kollegin. Das Leben auf allen fünf Kontinenten ist es wert, dass wir es verantwortlich im Blick haben und ihm Gutes zukommen lassen. So nimmt uns Gott in die Verantwortung füreinander und für seine Welt. Diese anspruchsvolle Aufgabe traut uns Gott zu. 

Sendung und Auftrag

„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“ Im Märchen und bei
James Bond sind gut und böse immer klar zu unterscheiden. Für uns ist das oft alles andere als einfach. Wenn sich jedoch Rassismus brutal und ungeniert auslebt, dann liegt das Böse vor Augen. Wie widerwärtig und gottlos ist es, wenn Menschen einfach aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt, misshandelt oder gar getötet werden! Doch auch hier ist zu beherzigen: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes!“ Ja, Gottes Zorn entbrennt, wenn sein guter und heiliger Wille für das Leben verletzt wird. Doch kein blindes Zuschlagen im Affekt, keine despotische Willkür. Vielmehr eine Form von Gerechtigkeit. Die Folgen unseres Tuns werden uns zugemutet. So werden wir als mündige Menschen in die Verantwortung genommen. 

„Ist‘s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“ Paulus weiß auch sehr realistisch um die Grenzen unserer Möglichkeiten. Die großen Fragen des Lebens, Frieden, Menschenwürde, gerechtes Leben auf allen Kon-tinenten, Bildung sind nicht ein-
fach von uns machbar. Da braucht es das Zusammenspiel vieler. Aber unser Beitrag und Zutun sind notwendig und wichtig. So liegt auf unserem analogen Gottesdienst mitten im Leben eine wunderbare Verheißung.

Regionalbischof Klaus Stiegler, Regensburg

Lied 650:

Liebe ist nicht nur ein Wort