Geschenk – auch für Notzeiten

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Inge Wollschläger im Editorial für das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern

Das Geburtstagsgeschenk war von einer der Frauen in ein altes Kalenderblatt mit einer Burg im Morgenlicht eingeschlagen. Im Seniorenkreis bewunderten wir das Werk. „Das war ja noch gut!“, sagt die Einwicklerin und es stimmt. Es sieht sehr prächtig aus. Es wäre auch zu schade, um nach einem Monat abgerissen und weggeschmissen zu werden. „Ich mach da immer was Schönes draus“, erzählt sie. „Papiertaschen oder Geschenkpapier – das kann man alles machen!“

„Und in Notzeiten“, ergänzt eine andere, „kann man es auch als Klopapier verwenden. So wie früher!“ Die Idee scheint nicht dumm – angesichts der vielen Fotos von leeren Regalen, die wegen des Coronaviruses ausverkauft sind.

Im Trend sind die alten Damen in jedem Fall. Was früher „aus Alt mach Neu“ hieß, wird nun „Upcycling „genannt. Es gibt Läden, in denen es keine Verpackungen mehr gibt. Durch die aktuelle Lage entdecken junge Menschen „Seife“ als festes Stück und nicht flüssig aus der Plastikflasche wieder. Kleidung wird auf Tauschparties getauscht und nicht neu gekauft.

Vieles, was die Jugendlichen der Fridays for Future Bewegung möchten und fordern, kennt die Großelterngeneration aus dem „ff“. Will und muss man heute die Schöpfung bewahren, war es damals reine Lebensnotwendigkeit.

Eine der Damen, die um die 80 Jahre und älter sind erzählt, wie sie Zeitungen zu Toilettenpapier zerschnitt. Wie sie anschließend die Zeitungsschnipsel wieder zusammensetzte. „Wir hatten ja nichts – damals nach dem Krieg. Und so hatte ich eine Art Puzzle und lernte nebenbei lesen.“

Diese Damen bringen mir – die zwischen den Generationen „Alt und Jung“ steht – viel bei. Sie erzählen mir die besten Rezepte für Marmelade oder eingemachte Gurken – das aktuell beste Mitbringsel, wenn man heute ein Gastgeschenk mitbringen möchte – wie ich in einer Zeitschrift las.

All das bringen sie mir bei und dazu noch ihren reichen Schatz an Lebenserfahrungen, den sie mit mir teilen. Fast ist es schade, dass bei den meisten Frauen die Enkelkinder weit weg wohnen und sie sich selten sehen. Würden Sie sich öfters treffen, wüssten vielleicht viel mehr jungen Menschen Geheimnisse zum Wiederverwenden, Sparen und Selbstherstellen.