Für und mit anderen

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Susanne Borée, Redakteurin beim Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern
Susanne Borée, Redakteurin und Chefin vom Dienst beim Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern, Hintergrundbild von Erich Kraus.

„Tu Deinen Mund auf für die Anderen.“ Unter diesem Motto steht in diesem Jahr die Woche der Brüderlichkeit in Franken vom 8. bis 15. März. Ganz bewusst hat sie da den Bibelvers verändert, in dem es heißt: „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind (Sprüche 31,8). Darauf folgt dann gleich: „… und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen.“ Wer ist denn „der Andere“? Und was heißt „den Mund auftun“?

Oder sind nicht die wirklich Schwachen diejenigen, die sich nur durch Hass im Chor äußern können? So lange Menschen angegriffen und herabgewürdigt werden, weil sie anders sind, so lange ist es wichtig, nicht nur für sie, sondern gerade mit ihnen zu sprechen. Allein schon, um den lauten und verzerrten Stimmen weniger Resonanz zu bieten.

Aber durch den Blick zu weiteren Horizonten schärft sich gleichzeitig auch die Sicht auf die eigene Position. Das gilt umso mehr beim gemeinsamen Feiern, Hören von Musik oder Diskutieren – und zwar auch in Zeiten des Corona-Virus

Die Nürnberger Holzgarten-Grundschule etwa kümmerte sich ein Jahr lang um das Projekt „Kinder erzählen vom Paradies“. Zum Auftakt der Woche der Brüderlichkeit am 8. März um 10.30 Uhr im Nürnberger Rathaussaal wollen sie ihre

Arbeit zeigen. Dann reichen sie den Schulpokal an das Johannes-Scharrer-Gymnasium weiter. Das ganze Programm ist online unter www.wdb-franken.de zu entdecken oder liegt vielfach aus. Manches bildet eine gute Tradition – wie die Einladung an alle, zu den Schabbatgottesdiensten zu kommen.

Auch wenn die biblische Tradition die Sprüche, aus denen dieses Motto entnommen ist, den Königen Salomo und im Judentum Hiskia zuordnet, sind sie dennoch erst im vierten oder dritten vorchristlichen Jahrhundert in der heutigen Form entstanden. Damals stand Israel unter der Herrschaft der Perser und des Hellenistischen Reiches. Gleichzeitig rang es um seine Identität (Seite 14). Im Austausch und der Auseinandersetzung entstanden viele Bibeltexte.

Dies gilt es, sich vor Augen zu halten, damit sie heute neu zu uns sprechen können. Lieb gewonnene Perspektiven gilt es zu überdenken – und nicht vor neuen Gedanken zu scheuen. Auch nicht vor neuen Herausforderungen. Und dabei nicht nur sich selbst, sondern auch den Nachbarn im Blick zu behalten.