Kulturelle Hürden lassen sich verringern

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Ehrenamtliche von HeHanI e.V. bei der Preisverleihung.
Ehrenamtliche von HeHanI e.V. bei der Preisverleihung. Foto: HeHani e. V.

„Helfende Hand International e. V.“ unterstützt Senioren mit Migrationshintergrund

Nurten bleibt beweglich – und selbstständig. Die 79-jährige Nürnbergerin, die ursprünglich aus der Türkei stammt, kann noch alleine leben. Und dies, obwohl Nurten E.* unter Parkinson leidet. Möglich macht dies auch der Verein HeHanI e. V., die „Helfende Hand international“. Eine ehrenamtliche Helferin besucht Nurten regelmäßig. Sie kocht mit ihr zusammen und bringt ihr genauso die Wäsche in den Keller. Zwar lebt auch Nurtens Tochter mit ihrer Familie in Nürnberg, berichtet Annette Weigand-Woop als Koordinatorin der Gruppe. Doch könne sie es allein nicht stemmen, dass die Mutter noch selbstständig leben kann.

Und Nurten wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, in ein Heim umziehen zu müssen. Für viele Menschen mit ausländischen Wurzeln sei ein Pflegeheim noch unvorstellbarer als für ihre deutschen Nachbarn, so Weigand-Woop.

Helferin schafft Mobilität

Mit Hilfe der „Helfenden Hand“ kann Nurten nicht nur in ihrer eigenen Wohnung bleiben, sondern sie auch regelmäßig verlassen. Denn selbst schafft sie die Treppenstufen nicht mehr, aber mit Unterstützung der Helferin sei dies noch möglich. So kommt die Seniorin auch regelmäßig in die türkische Frauengruppe der „Helfenden Hand“. Sie findet sich im Quartiersbüro Weststadt in Nürnberg fast an der Grenze zu Fürth. Dort engagiert sich auch Annette Weigand-Woop mit einer halben Stelle. Eine Kollegin soll noch im März dazukommen. Die Finanzierung sei für drei Jahre gesichert.

Mit zur Anerkennung beigetragen hat sicherlich auch der anerkennende Ehrenpreis der Mittelfränkischen Selbsthilfegruppen, den die „Helfende Hand“ im vergangenen November erhielt. Der Verein leistet an sich keine Selbsthilfe, sondern kümmert sich um andere: um ältere Menschen mit Migrationshintergrund, die Hilfe benötigen. Hier bauen sie sprachliche und kulturelle Hürden ab. Dies ist durchaus ein Grenzfall für die Koordinierungsstelle – aber genauso preiswürdig.

In der Frauengruppe bietet Kursleiterin Sengül Ilter ein rundes Programm an, mit dessen Hilfe die Frauen sich um ihre Gesundheit und den Stressabbau im Alter kümmern könnten. „Viele Sportarten lassen sich auf die jeweiligen Bedürfnisse herunterbrechen“, erklärt Annette Weigand-Woop. So konnte Nurten kürzlich sogar am Nordic Walking teilnehmen – mit Unterstützung der Gruppe. Eine Helferin schob ihren Rollator, während sie durchaus eine ganze Weile mit den dünnen Stöcken zurechtkam.

Wichtig sind natürlich auch die Deutschkurse. Und die Beratungsstelle im Quartiersbüro kümmert sich ebenfalls darum, weitere Hilfsmittel zu organisieren und zu beantragen. Oder Formulare, etwa für die Versicherung auszufüllen, an denen Nürnberger, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, ansonsten scheitern würden. So ließ sich für Nurten ein Fahrdienst organisieren. Denn nachdem sie einmal beim Einsteigen in die U-Bahn stürzte, benutzt sie die öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr allein.

Öfter würden ältere Migranten in ihre alte Heimat zurückkehren, um dort von Familienangehörigen gepflegt zu werden, weiß Annette Weigand-Woop. Aber Nurten ist schon längst in Nürnberg zu Hause. Und bei mehr Migranten aus Krisenregionen sei das natürlich nicht mehr möglich.

Ehrenamtliche mit verschiedenen muttersprachlichen Kompetenzen helfen da, Vertrauen aufzubauen. Sie unterstützen Senioren mit Migrationshintergrund zu Hause, entlasten die Angehörigen oder haben Zeit für Gespräche mit den Pflegebedürftigen. Einen Pflegedienst aber kann und will der Verein nicht ersetzen. 20 geschulte Kräfte gibt es, die für eine Aufwandsentschädigung tätig sind. Elf weitere Frauen und ein Mann nehmen ferner an einer weiteren Schulung teil. Ziel ist es, nicht nur Helferinnen mit türkischen oder arabischen Sprachkenntnissen vermitteln zu können, sondern auch für osteuropäische Sprachen, ergänzt Weigand-Woop.

Inzwischen arbeitet der Verein auch mit der Rumänischen Gemeinde zusammen. Es bestünden enge Kontakte zur „Brücke“ und zum türkischen Pflegedienst „Hayat“. Diese wirbt damit, die Senioren in deren eigener Sprache und nach islamischen Richtlinien zu betreuen. Die gute Vernetzung von „HeHanI“ zum Seniorenamt in Nürnberg und zum Sebastianspital hilft gerade bei Krisensituationen weiter. So feiert der Verein Ende Mai bereits seinen zweiten Geburtstag.
Ach, und Nurten engagiert sich auch im Malkurs des Vereins. Gerade erst konnte sie mit der Gruppe sogar mit der Bahn nach München fahren: Um die Alte und die Neue Pinakothek zu besichtigen. Alle halfen mit, dass sie den Zug besteigen konnte. So kehrte sie zusammen mit den weiteren Kursteilnehmern sicher und mit vielen neuen Eindrücken nach Nürnberg zurück.

Mehr über HeHani e.V. online unter
https://hehani.de oder
unter Tel. 0911/50739242.
Er findet sich im Quartiersbüro
Weststadt, Fürther Str. 194, Nürnberg

Kontakt- und Informationsstelle
Selbsthilfegruppen in Mittelfranken,
Am Plärrer 15, 90443 Nürnberg,
Tel. 0911/234 94 49,
E-Mail: nuernberg@kiss-mfr.de oder
online unter www.kiss-mfr.de

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