
Klinikclowns im Bürgerheim des Rothenburger Spitalhofs erwärmen die Herzen
„Damit du auch weißt, wie schön du bist.“ Mit diesem Zuspruch schmückten die Rothenburger Klinikclowns, Heimleiterin Denise Hoffmann mit einem glänzenden Tuch. Nicht genug damit: Sie wurde auch gleich noch begossen, „damit deine Schönheit weiterwachsen kann“ (Foto).
Im Bürgerheim des Rothenburger Spitalhofs sind die Clowns Frau Funkel und Herr Zickzack – alias Ursula Memhardt und Peter Baummüller – alle drei Wochen einen ganzen Nachmittag lang unterwegs, um die Senioren dort zu beglücken. Ohne ihre Masken sind sie auch seit langem im örtlichen Hospizverein engagiert.
Um einen weiteren Zugang zu den Senioren zu gewinnen, haben sie sich zu Klinikclowns fortbilden lassen. Über zwei Jahre hinweg besuchten sie dafür intensiv Module an der Ravensburger Clownsschule. Diese ist Mitglied im Dachverband „Clowns in Medizin und Pflege Deutschland“, der gerade sein 20-jähriges Jubiläum feierte. Alle Klinikclowns, die ihm angeschlossen sind, waren rund 21.000-mal jährlich bundesweit im Einsatz.
Glück im trüben Winter
Um praktische Erfahrungen zu gewinnen, machten Frau Funkel und Herr Zickzack ihre ausbildungsbegleitenden Praktika im Bürgerheim. Auch danach wollte Heimleiterin Hoffmann die Clowns nicht mehr missen – inzwischen gestalten sie ihre Auftritte professionell.
Die beiden Clowns stecken auch mal den Pflegenden im Vorbeigehen einen selbstklebenden Glitzerstern an. Vor allem aber sind sie natürlich für die Senioren da: „Das sind so diese Glücksmomente!“, seufzt eine Bewohnerin. Gerade jetzt in den trüben Wintermonaten bringen sie Farbe in den Alltag des Heims.
Obwohl im Wochenplan angekündigt erscheinen sie für viele Seniorinnen und Senioren offenbar ganz überraschend. „Wir haben doch versprochen, dass wir wiederkommen!“, erinnern die Clowns. Mehrmals in Folge beglücken Frau Funkel und Herr Zickzack in ihrem Drei-Wochen-Rhythmus eine Station, dann geht es weiter auf andere Flure.
„Ich weiß, dass sie lustig sind“, so besinnt blitzt allmählich die Erinnerung bei einem der Senioren auf. Natürlich leiden viele von ihnen schon an Demenz – sonst wären sie nicht hier. Es kann auch sein, dass nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt eine intensivere Betreuung nötig geworden ist – und sie nach dem Krankenhaus plötzlich nicht mehr daheim leben können.
Die Patienten sind älter und hilfsbedürftiger geworden, beobachtet Denise Hoffmann. Sie ist seit 20 Jahren in der Pflege tätig. Rund 90 Bewohnerinnen und Bewohner leben im Rothenburger Bürgerheim.
Auf einem Servierwagen, der mit einem samtenen Tuch bedeckt ist, haben die Rothenburger Klinikclowns alle ihre Utensilien griffbereit. Frau Funkel dazu noch ihre Ukulele. „Kein schöner Land in dieser Zeit“: Nicht nur dieses Lied, von einem Bewohner selbstvergessen mitgesungen, öffnet Herzen. Mehrere Volkslieder haben sie in ihrem Repertoire – auch Schlager. Aber noch im Januar wünschen sich viele Senioren ein Weihnachtslied. Zur „Stillen Nacht“ wird es noch einmal auf dem Gang so ruhig und besinnlich als würde Weihnachten noch bevorstehen.
Ihr Auftritt „hat mit dem Alltag nichts zu tun“ – und gerade das macht ihn so wertvoll. So erklärt Heimleiterin Hoffmann den Erfolg dieser besonderen Visite. „Sie huschen kurz in den Alltag hinein“, setzen Akzente der Leichtigkeit oder fangen Trauer und Hilflosigkeit auf.
„Manchmal werden wir ganz arg beschimpft“, gibt Frau Funkel zu. Schließlich sind die Klinikclowns noch viel ungeschickter als die Menschen, die sie besuchen. Da machen sie ziemliche Dummheiten. So können die älteren Menschen erfahren, die so vieles nicht mehr können, dass „sie uns überlegen sind. Das gibt ihnen Wertschätzung und Würde zurück“.
Dann aber gibt es Begegnungen, in denen die Clowns auch mit den älteren Menschen weinen können dabei „die Tränen gehalten und auf eine Reise geschickt haben“, ergänzt Frau Funkel. Nur eins gibt es nie: sich über die Ungeschicklichkeiten und Begrenztheiten des Gegenübers lustig machen.
Begegnung auf Augenhöhe
In welche Situationen geraten die Clowns heute bei ihren Begegnungen? Das lässt sich vorher nicht erahnen – obwohl sie vorab eine „Übergabe“ mit den wichtigsten Infos zur aktuellen Lage der jeweiligen Senioren erhalten. Die jeweilige Stimmung bei ihrer Ankunft lässt sich trotzdem nicht vorhersagen. „Die Menschen öffnen sich gegenüber uns ganz anders als gegenüber dem Pflegepersonal. Wir sind auf Augenhöhe“, ergänzt Frau Funkel.
Auch bei einer Dame, die aufgrund fortgeschrittener Demenz kaum noch artikuliert sprechen kann. Doch die Clowns verstehen auch sie. Am Ende hält sie wie jeder Besuchte ein rothaariges selbst gefertigtes Astmännchen in den Händen: Es zaubert ein Lächeln in jedes Gesicht und bleibt als Andenken in den Zimmern und auf den Fensterbänken zurück. „Manche sammeln sogar unsere Mitbringsel.“
Zu jeder Visite basteln die Clowns ein Andenken. „Ihr macht euch eine Mühe“, mit diesen Worten schlägt eine Dame ihre Hände zusammen. Eine andere, bettlägerige Dame hatte „ein Bild von uns an der Wand“. Die Ablenkung, die kurzen Glücksmomente können Schmerzen lindern.
Unter einem Tuch oder aus einem weiten Ärmel lässt es sich schnell „herbeizaubern“. Wichtig ist jedes Mal, wenn irgend möglich, dass der oder die Beschenkte einen Namen für den neuen Mitbewohner findet: So gewinnt er sein individuelles Gesicht für jeden. Gerade zum Jahresbeginn wird das Figürchen zu einem besonderen Glücksbringer. Schon ein Blick in sein schelmisches Gesicht verbreitet gute Laune – auch im Wintergrau.
„Wo wollt ihr noch hin?“, fragt ein Bewohner und streichelt das Stoff-Erdmännchen am Hosenträger von Herrn Zickzack. Der breitet eine Wanderkarte aus und lässt sich die Richtung weisen. „Ich komme wieder. Zum Glück bleibt der Hans bei dir“, das Astmännchen. War manchmal die Stimmung beim Kommen der Clowns nur schwer einzuschätzen, so ist dies bei ihrem Abschied einfach: Heiter bis glücklich.