Editorial zum neuen Jahr von Raimund Kirch, Mitglied im Herausgeberbeirat, Ex-Chefredakteur der NZ
Das Neue Jahr 2025 ist noch jung. Was uns politisch bei der gegenwärtigen Weltlage erwartet, wissen wir nicht. Nur so viel, dass Diktaturen wie Kolosse aus dem biblischen Buch Daniel sind. Sie stehen scheinbar auf festem Grund. Doch ihre tönernen Füße können innerhalb von Tagen zusammenbrechen. Das haben wir in den vergangenen Wochen exemplarisch in Syrien erleben dürfen.
Und dennoch. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass sich Veränderungen langfristig ankündigen. Man muss die Zeichen, sprich Informationen, nur zu lesen wissen. Blicken wir etwa zurück auf das Jahr 1525. Zwar gab es damals noch keine Demokratie in unserem Sinne, aber die Freie Reichsstadt Nürnberg hatte immerhin ein ausgeklügeltes Rats-System. Diesem war es vielleicht zu verdanken, dass der Bauernkrieg, der vor 500 Jahren so schrecklich enden sollte, Nürnberg, nein, nicht unbehelligt ließ, aber immerhin von keinen Gewaltexzessen begleitet war.
Den Bauern im Knoblauchsland, waren, ich nenne das Einsicht, Vorsicht und Voraussicht, man könnte es aber auch Weisheit dazu sagen, teilweise die Steuern erlassen worden; außerdem drückte man bei der Zehntpflicht ein Auge zu. Auch die Standgebühren auf den Märkten der Stadt wurden ihnen erlassen. Der Innere und der Äußere Rat ordnete das Almosensystem neu. Heute würde man sagen, dass die Sozialpolitik in der Stadt funktionierte.
Letztlich sorgte sich die Stadtführung auch um das seelische Wohl. Obwohl es der Kaiser verboten hatte, setzte der Rat eine Religionsdisputation an, bei der die evangelischen Prediger der Stadt gegen die Vertreter der Altgläubigen antraten. Wobei letztere, schlecht vorbereitet und ohne theologischen Tiefgang, ins Hintertreffen gerieten.
Was wir heute als „Nürnberger Religionsgespräch“ im März 1525 kennen, war zweifellos ein wichtiger Meilenstein der Reformation, Nürnberg wurde als erste Großstadt lutherisch.
Ich bin mir sicher, dass das Sonntagsblatt im Laufe des Jahres noch einiges darüber berichten wird. Und wünsche schon jetzt viele neue Einsichten.
Jedenfalls zeigte der Rat der Stadt damals politische Weitsicht und Weisheit. Was man von der heutigen Informationslage nicht sagen kann. Heute leben wir in einer Welt in der es zwar Informationen in Fülle gibt.