Die Erlösung naht

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Adventliche Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.

Jes 35,10

Die meisten von uns gestalten die Adventszeit anders als die übrigen Wochen im Jahr. Wir schmücken unsere Wohnung, wir backen Lebkuchen und kaufen Geschenke. Aber am 2. Advent sollen wir weit über unser eigenes Handeln hinausblicken. Der Wochenspruch nennt uns die Richtung, in die wir schauen sollen: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Denn das Entscheidende des Advent liegt noch vor uns. Darauf macht uns Jesaja mit einem Blick in Gottes Zukunft aufmerksam. 

Er nennt vier Veränderungen, die Gott am Ende der Tage als unser Erlöser bewirken wird. Gott wird dann alle zerrütteten Beziehungen zwischen den Völkern heilen. Die Not des Krieges wird Gott einmal beenden. Gottes Kommen wird auch allen Kranken Heilung bringen. 

Der Prophet nennt einige Beispiele dafür: Die Blinden werden wieder sehen, die Gelähmten werden gehen können und den Gehörlosen werden die Ohren aufgetan. Die dritte Hilfe, die Gott bringen wird, gilt seiner Schöpfung. Wo bisher dürre Landstriche zu sehen waren, wird Wasser fließen und das Land zum Grünen bringen. Der Höhepunkt in Gottes Handeln wird in der Befreiung aller Gefangenen liegen. Die von Gott Befreiten, „die Erlösten des Herrn, werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen.“ Sie gehen auf einer Straße, die direkt zum Zion und damit in die Gegenwart Gottes führt. 

Schon äußerlich ist ihnen ihre Erlösung anzusehen: „Ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.“ Auf dem Zion finden sie Gott und dürfen bei ihm bleiben. Früher sah der Prophet viele Menschen umherirren, die nach dem rechten Weg suchten. Aber sie fanden ihn nicht. Sie blieben Toren.

Aber spricht nicht unsere Wirklichkeit gegen all das, was der Prophet als Zukunft beschreibt? Unsere Welt ist doch weder von einer umfassenden Heilung noch von einer freudigen Heimkehr zu Gott geprägt. Das stimmt leider. 

Doch manches aus seiner Vision hat sich schon einmal erfüllt: im Wirken Jesu. Als der Täufer Johannes im Gefängnis des Herodes an Jesus unsicher wurde, ließ er Jesus fragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten (Mt 11)?“. Jesus hat die Boten des Johannes damals auf unser Bibelwort hingewiesen: „Geht hin und sagt Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig, wer sich nicht an mir ärgert.“ Jesu Heilungen waren Zeichen, in denen Gottes Heil sichtbar wurde – auch wenn er noch nicht die ganze Welt heilvoll veränderte. Als Christen glauben wir aber, dass dies am Ende der Tage geschehen wird. Und dass wir dann als „Erlöste des Herrn“ in Gottes Reich heimkehren dürfen. Darauf hat sich Gott durch Jesu Leben, Sterben und Auferstehen festgelegt.

Friedrich Walther, Pfarrer i.R., Neuendettelsau