Herbsttagung der Bayerischen Landessynode mit dramatischen Appellen begonnen
Amberg. Der bayerische Landesbischof Christian Kopp hat in seinem Bericht vor der Landessynode zu weitreichenden Entscheidungen ermuntert. „2025 ist in unserer Kirche ein Jahr der Entscheidungen“, sagte Kopp. Er ergänzte: „Diese Kirche wird 2040 eine andere sein“, die Mitgliederzahl werde sich in den kommenden 15 Jahren halbieren: „Wir müssen diese andere Kirche jetzt in den Blick nehmen und jetzt mutige Entscheidungen treffen.“
Kopp rief dazu auf, sich weniger auf die Problembeschreibung zu fokussieren: „Investieren wir doch viel, viel mehr in die Konzentration auf die Lösungen und auf unsere Ressourcen und Möglichkeiten.“ Konkret nannte er, dass der Bestand der Gebäude, für die man als Kirche Geld aufwenden muss, bis 2035 halbiert werden muss. Kirche lebe durch Beziehungen mit den Menschen vor Ort – doch wegen des Personalmangels sei „eine neue Art, das Lokale zu denken“, nötig: „Wir brauchen eine neue Idee vom Einsatz der Hauptamtlichen.“
„Die Zukunft wird schneller und tiefgreifender Veränderungen bringen, als wir uns das bisher vorstellen können“, sagte Kopp. Für die Zukunft schlägt der Landesbischof eine Mischung vor: „Das Lokale wird gepflegt durch Ehrenamtliche“, die in Verbindung mit kirchlichen Orten und Zentren seien. Dafür brauche es strukturelle Veränderungen, betonte er. Die Kirche habe „zu viele“ Körperschaften des öffentlichen Rechts als Organisationsform: „Sie machen uns unbeweglich.“
Neue Finanzplanung nötig
Auch der landeskirchliche Finanzchef Patrick de La Lanne hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern zum Sparen aufgefordert. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und stagnierender Wirtschaftslage kämen auf die Kirche – wie vor zwei Wochen dargestellt – finanziell schwierigere Zeiten zu. Man könne nicht weiter überall ein bisschen sparen, man müsse mittels strategischer Finanzplanung auch Aufgaben streichen. Die bisherigen Einnahmen würden mittelfristig „nicht mehr zu halten sein. Nur durch zusätzliche Einsparungen im laufenden und kommenden Jahr werde man das Defizit des Jahres 2023 bis Ende 2025 wieder ausgleichen.
Für etwas Wirbel hatte zunächst die Debatte über Zuschüsse aus dem landeskirchlichen Haushalt an das Diakonische Werk Bayern geführt. Der Vorsitzende des synodalen Finanzausschusses, Joachim Pietzcker, hatte in seinem Vortrag von gemeinsamen Gesprächen mit dem Präsidium der Diakonie berichtet – dabei vor allem um die Planungssicherheit für die Diakonie, was die Höhe der Zuschüsse angeht.
Vor der Synode nun berichtete Pietzcker genau darüber. Er stellte als Ergebnis der Gespräche auch ein mögliches Szenario vor, bei dem die Diakonie selbst anbietet, auf wie viel Zuschuss sie in den jeweils drei Folgejahren verzichten kann.
Beschlossen ist in diesem Punkt freilich nichts. Pietzcker begründete seinen Vorstoß allerdings damit, dass man für alle möglichen künftigen Szenarien gerüstet sein sollte – und verwies auf die öfter aufflammenden Debatten, die Kirchensteuer abzuschaffen oder zu verändern.
Einige Synodale störten sich aber offenbar an dieser Stoßrichtung. Pietzcker hatte die aktuell 32,5 Millionen Euro, die die Diakonie Bayern von der Landeskirche vornehmlich für nicht staatlich refinanzierbare Beratungs- und Sozialarbeit erhält, einer Summe von fünf Milliarden Euro gegenübergestellt, die alle 1.260 diakonischen Träger an Umsatz erwirtschaften. Es entstehe der Eindruck, als sei der Zuschuss so wenig, dass er auf kurz oder lang auch ganz wegfallen könnte, kritisierten Synodale in ihren Wortmeldungen.
Pietzcker stellte klar, dass es bei den gemeinsamen Gesprächen der beiden synodalen Ausschüsse für Finanzen sowie Gesellschaft und Diakonie mit dem Diakonischen Werk niemals darum gegangen sei, die Zuschüsse ganz zu streichen. Auch das hatten einige Synodale in der Debatte im Plenum als Befürchtung geäußert. Vielmehr gehe es darum, eine Planungssicherheit zumindest für jeweils drei Jahre herzustellen. Die Summe von fünf Milliarden Euro Umsatz hielten einige Synodale für nicht realistisch.
Letzte Freiräume nutzen
Der Wandel in der Kirche ist laut der Präsidentin der bayerischen Landessynode, Anne-Kathrin Preidel kein Selbstzweck oder blinder Bruch mit der Vergangenheit. Vielmehr müsse es ein bewusster Schritt in Richtung einer Kirche sein, „die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert“, erläuterte Preidel bereits zu Beginn der Herbsttagung. Die gesellschaftlichen, globalen Fragen wie Klimakrise, soziale Ungerechtigkeit oder die Vereinzelung der Menschen in einer digitalisierten Welt gingen auch die Kirche etwas an.
Für wichtige Vorhaben in der evangelischen Landeskirche bleibt nach ihren Worten nicht mehr viel Zeit. In ihrer Ansprache sagte Preidel mit Blick auf zurückgehende Mitgliederzahlen: „Manches muss genau jetzt auf den Weg gebracht werden.“ Gerade noch vorhandene Freiräume sollten nicht verspielt werden. Sie forderte das Kirchenparlament auf, „den Wandel aktiv zu gestalten und dabei traditionelle Strukturen zu hinterfragen“. Bei ihrem Appell habe sie gerade die neu gewählten Kirchenvorstände im Blick, betonte Preidel auf Nachfrage.
Trotz solch wichtiger Entscheidungen sei es wichtig, die „Muttersprache“ der Kirche – die Seelsorge – nicht zu beschneiden. Sie wünschte sich zudem, „dass wir Menschen in einer authentischen Weise von Gott erzählen können, damit sie ihn für sich entdecken.“ Auch der Vizepräsident der Landessynode, Hans Stiegler, verwies auf die Bedeutung spiritueller Arbeit, die zu stärken sei.
Im Eröffnungsgottesdienst zur Synode in der Amberger Paulanerkirche betonte der evangelische Münchner Regionalbischof, Thomas Prieto Peral, in seiner Predigt, dass Christen sich für den Frieden einsetzen müssten … „Wäre es nicht auch unsere Aufgabe als Christen, die Welt auf den Frieden vorzubereiten?“
Nicht einmal mehr in der Kirche finde man Resonanz, wenn man Gottes Traum für eine friedliche Welt träumen will – auch im Ukraine-Krieg. Prieto Peral blickte auch indirekt auf den Krieg im Nahen Osten. Er berichtete über die Betroffenenorganisation „Parents Circle – Families Forum (PCFF)“ mit Eltern, die in dem jahrzehntelangen Konflikt Kinder verloren haben. Die Kritik an der Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an diese Vereinigung könne er nur schwer nachvollziehen. „Was sonst könnte die Spur zum Frieden legen, als das Mitgefühl für die Trauer der anderen?“
Die Herbsttagung der Landessynode in Amberg dauerte bei Redaktionsschluss noch an – über die weiteren Beschlüsse wird in der kommenden Woche berichtet.