Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Raimund Kirch, Mitglied im Herausgeberbeirat
Die Herausgeberin dieses Wochenblattes ist eine prominente Persönlichkeit im Raum der Kirche. Als Rundfunkpredigerin, versierte Journalistin, Professorin für evangelische Publizistik hat sich Johanna Haberer einen Namen gemacht.
Nicht schlecht staunte ich deshalb, als ich in Vorbereitung einer Reise nach Thessaloniki beim Recherchieren der Gottesdienstzeiten in der dortigen deutschsprachigen evangelischen Gemeinde auf ihren Namen stieß. Offenbar hat sie nach ihrer Emeritierung am Erlanger Lehrstuhl nicht zurückgelehnt, sondern ist mehr denn je auf Achse. So konnte man erst vor circa einem halben Jahr an dieser Stelle über ihre Erfahrungen in Jerusalem lesen.
Und nun als Auslandspfarrerin in Thessaloniki? Natürlich habe ich sie gleich angemailt und sie war auch für ein Treffen offen. Nur. War sie schon wieder auf dem Sprung zu einem unaufschiebbaren Termin in Deutschland. In Lindau sollte sie den Eröffnungsvortrag bei einer Tagung der Internationalen Gesellschaft für Psychotherapie halten. Uns blieben nur ein Augenblicke auf einen Kaffee, doch auch dieses Treffen sollte scheitern. Johanna Haber hatte an diesen Tag zwei Beerdigungen zu halten und außerdem weitere unaufschiebbare Termine. Sorry – auf beiden Seiten. Und dabei hätte ich so viele Fragen gehabt. Warum gerade diese Stadt? Warum Griechenland, wo Protestanten auf verlorenem Posten sind, weil die Orthodoxie ja Staatsreligion ist? Und dann eine Gemeinde, die wahrscheinlich auch ähnliche Probleme hat wie hier zu Lande: Mitgliederschwund und Überalterung. Davon zeugen ja schließlich die zwei Trauergottesdienste an einem Tag. Grund: Viele evangelische Frauen sind ihren griechischen Männern, die in Deutschland gearbeitet haben, nach deren Pensionierung nach Griechenland gefolgt. Diese erste Generation von „Gastarbeitern“, wie wir sie nannten, ist jetzt betagt. Und neue Gemeindemitglieder machen sich rar.
Natürlich wird Johanna Haberer, wie wir sie kennen, frischen Wind bringen. Neugierig und analytisch veranlagt wird sie ihren Blick auf Schwachstellen der Gesellschaft, auf die Situation der Kirchen und die Stimmung in einem Land richten, das mit seinen europäischen Außengrenzen ein Hotspot der Migration und der Flüchtlinge ist. Wir dürfen gespannt sein auf ihre Berichte.