Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Raimund Kirch:
Wenn ich über Land fahre, an Dörfern und Ortschaften vorbei, dann freue ich mich über bestellte kleinteilige Felder, über Heckenstreifen, Waldränder und vor allem: Über die Kirchtürme, die immer auch einen Ankerpunkt in der (Kultur-)Landschaft darstellen. Übertragen auf die Städte prägen immer noch neben Hochhäusern und Büroklötzen die Kuppeln und Türme der Kathedralen, aber auch Gemeindezentren – ich denke da etwa an Vorstädte wie Langwasser in Nürnberg – die Stadtquartiere. Zentren, die dort freilich immer mehr in Gefahr geraten, überflüssig zu werden. Die Gemeinden schrumpfen, die Gelder auch, aber genug des Jammerns.
Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch, so ungefähr hat es einmal Hölderlin gesagt und in diesem Sinne verstehe ich auch das Manifest „Kirchen sind Gemeingüter!“ der „Initiative kirchenmanifest.de“. Es nimmt sich einer Thematik an, welche die evangelische und die katholische Kirche seit geraumer Zeit umfassend diskutieren und konzeptionell bearbeiten, die aber auch an einzelnen Orten und in den Regionen für teils emotionale öffentliche Diskussionen sorgt:
Einsparungen werden Gottesdiensträume überflüssig machen. Das hat die Verfasserinnen und Verfasser des Manifests, darunter auch Fachleute, die mit Glauben und Kirche wenig am Hut haben, dazu gebracht, sich besorgt darüber zu äußern, dass gewachsenes Kulturgut zunehmend zur Disposition steht. Sie fürchten Abrisse oder eine Umnutzung, die dieses Kulturgut in reinen Kommerz verwandelt. Natürlich wurde die Initiative von beiden Kirchen begrüßt. Aber, wie ich meine, nur halbherzig. Aus den Reaktionen von EKD und katholischer Kirche habe ich ein Stück weit Skepsis herausgelesen, wonach man sich von außen nicht hineinreden lassen will. Da hätte ich mir mehr Begeisterung gewünscht.
Kirchen spiegeln den Geist der Zeit, in der sie gebaut wurden. Ich bin der Meinung, dass selbst modernistische Bauten, die mitunter aussehen wie geöffnete Konservendosen, ihre Existenzberechtigung haben und erhalten werden sollten. Kommunen, Kirchengemeinden, säkulare Vereine und Kulturinitiativen sollten sich zusammentun. Damit könnten Kirchen weiter im Dorf bleiben und selbst in Vorstädten Zentren lebendigen Austauschs bleiben. Ob liturgisch, kulturell, sozial oder vielfältig.