Dauerbrenner und Selbstläufer

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zu den Zehn Geboten

Und der HERR redete mit Mose und sprach: Rede mit der ganzen Gemeinde der Israeliten und sprich zu ihnen: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott. Ein jeder fürchte seine Mutter und seinen Vater. Haltet meine Feiertage; ich bin der HERR, euer Gott … Du sollst deinen Nächsten nicht bedrücken noch berauben. … Du sollst dem Tauben nicht fluchen und sollst vor den Blinden kein Hindernis legen, denn du sollst dich vor deinem Gott fürchten; ich bin der HERR. Du sollst nicht unrecht handeln im Gericht: Du sollst den Geringen nicht vorziehen, aber auch den Großen nicht begünstigen, sondern du sollst deinen Nächsten recht richten. Du sollst nicht als Verleumder umhergehen. Du sollst auch nicht auftreten gegen deines Nächsten Leben; ich bin der HERR. Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen, sondern du sollst deinen Nächsten zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld auf dich lädst. Du sollst dich nicht rächen noch Zorn bewahren gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR … Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“

Aus 3. Mose 19,1–3, 13–18, 33–34

Nächstenliebe, Barmherzigkeit! Welche Predigten laufen nicht darauf hinaus? Ob vom Kind in der Krippe geredet, das Erntedankfest begangen, zum Volkstrauertag am Ehrenmal gesprochen oder der Karfreitagsgottesdienst mit Abendmahl gefeiert wird: Der Appell an Barmherzigkeit und Nächstenliebe sind Dauerbrenner und Selbstläufer der christlichen Verkündigung. 

Im Gottesdienst, im geschützten und friedlichen sakralen Bereich also, kann ein mühsam unterdrücktes Gähnen aufkommen, wenn „wieder mal“ dieses Thema kommt. Wenn wir aber danach hinausgehen mit dem so vertrauten Impuls „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, bleibt von Langeweile keine Spur. Die Umsetzung ist spannend. Den Generationenvertrag mit Leben füllen, Feiertage einhalten, niemanden über den Tisch ziehen, Menschen mit Behinderung helfen, auf die Kleinen und Unscheinbaren achten, keine Fake News verbreiten: Hellwach muss ich sein, wenn ich Gottes heiligen Willen in die Realität meines Lebens übertragen will. 

Wie kriege ich das hin? Die Liebe zum Nächsten ist offensichtlich niemandem angeboren; Egoismus scheint Teil unseres Selbsterhaltungstriebes zu sein. Das Gotteswort zeigt, wie wir es schaffen können: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott“. Das bedeutet: Wir können aus unerschöpflicher Quelle Kraft beziehen: aus Gottes heiligem Wesen, der sich mit unendlicher Liebe seinen Geschöpfen zuwendet – vor allem in Christus. 

Pfarrer i.R. Heinz Bogner, Mistelgau

Gebet: „Hilf, Herr, meiner Stunden, dass ich nicht gebunden an mich selber bin.“ Amen

Lied 168,4–6: Wenn wir jetzt weitergehen, dann sind wir nicht allein