Die Suchenden begleiten – auch beim Bund fürs Leben

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Raimund Kirch, Mitglied im Herausgeberbeirat des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern. Hintergrundbild: Kraus
Raimund Kirch, Mitglied im Herausgeberbeirat des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern. Hintergrundbild: Kraus

Editorial von Raimund Kirch im Sonntagsblatt über die Aktion „Einfach heiraten“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Einfach heiraten. Als die Aktion der Evangelischen Kirche vor einem Jahr erstmals durchgeführt wurde, habe ich an dieser Stelle kein gutes Wort darüber verloren. Zu plakativ, zu oberflächlich, zu wenig tiefgründig, typisch Kirche, die auf allen Hochzeiten tanzen will – habe ich gedacht – und lag damit: ziemlich daneben. 

Denn: 626 Paare, also 1.252 Menschen, haben sich am 24. April 2024, an einem unscheinbaren Mittwoch, entschlossen, sich einen Segen abzuholen. Das ist eine durchaus beachtliche Zahl. Und die Motive, die die Heiratwilligen in die Kirchen lockten, sind so vielfältig, bewegend und interessant, dass der Platz nicht reichen würde, um all die persön-
lichen Geschichten zu erzählen. Aber natürlich sollen und dürfen Einzelheiten der Diskretion halber nicht ausgebreitet werden. Nur soviel; dass es vielen Menschen anscheinend sehr wichtig ist, einen Segen mitzubekommen – jedoch ohne gesellschaftliche und amtlichen Zwänge.

Da war etwa das konfessionsverschiedene ältere Paar, dem die kirchliche Trauung einst vermiest wurde, weil in ihrer Gemeinde ein ökumenischer Ritus nicht gewünscht oder gar erlaubt war. Beziehungsweise eine konfessionsverbindende Ehe auch ausgeredet wurde. Da wollten endlich standesamtlich Verheiratete nach Jahren den kirchlichen Segen nachholen. Auch junge Paare, noch nicht standesamtlich getraut, wollten sich segnen lassen. Und das an 48 Orten in Bayern. Welch eine Überraschung.

Ich selbst musste mir von einer Vikarin jüngst sagen lassen, dass eine Kirche, die sich daran abarbeiet, zwischen kirchenrechtlich gebotenen und ungebotenen Segensformen zu unterscheiden, verdientermaßen scheitern muss. Weil sie über all den formalen Gegebenheiten vergisst, warum es sie gibt. Und dass es ungeheuer wichtig ist; Menschen, die auf der Suche sind, die über sich hinausblicken wollen, zur Seite zu stehen; ihnen Kraft zuzusprechen für ein Leben, das sicher auch Enttäuschungen und Versagen beinhaltet.

Das alles war denen, die aus freiwilligen Stücken den Weg zur und in die Kirche (wieder-)gefunden haben, offenbar ein Bedürfnis.

Wer bin ich, das in Zweifel zu ziehen. Was für ein Segen für eine Institution, die hier einmal über ihren Schatten gesprungen ist und Gespür für das Notwendige entwickelt hat!