Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zur Liebe Gottes
Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Aus 1. Johannes 4
Gab es einen ‚Magischen Moment‘, einen Moment in dem Sie wussten: das ist der Mensch, mit dem ich mein ganzes Leben teilen will?“ Diese Frage stelle ich dem Brautpaar im Traugespräch und der Bräutigam beginnt ohne lange zu überlegen zu erzählen, wie er sich bei der Party im Studierendenwohnheim in seine Braut verliebt hat. Seine Augen leuchten und werden ein bisschen feucht, wenn er seine zukünftige Frau anblickt. Die beginnt sofort zu schwärmen, wie liebevoll er versucht hat, den Verlobungsring zu verstecken und was an diesem Tag alles schiefgegangen ist. Ihr huscht dabei nicht nur ein Lächeln über die Lippen und schließlich können sie nicht anders als sich zärtlich einen Kuss zu geben. Die beiden haben sich einen Trauspruch aus dem ersten Johannesbrief ausgesucht: Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.
Die Liebe, die zwei Menschen verbindet, kommt von Gott und diese Liebe wollen sie weitergeben, erzählen die beiden mir. Und ich glaube, das gilt nicht nur für dieses Brautpaar. Das gilt für alle Menschen, die sich freiwillig und in gegenseitiger Verantwortung lieben, ganz gleich welche sexuelle Orientierung sie haben oder welcher kultureller Hintergrund sie prägt. Das gilt für liebende Paare genauso wie für Freundschaften, Eltern-Kind-Beziehungen, Großeltern-Enkelkind-Beziehung oder auch noch ganz andere. Lasst uns lieben, denn Gott ist die Liebe und hat uns zuerst geliebt.
Bestimmt gibt es auch in Ihrem Leben jemanden, an den Sie voller Liebe denken, so dass Ihre Augen anfangen zu leuchten. Ein magischer Moment, der Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Vielleicht ist es der erste Kuss oder die Geburt eines Kindes. Vielleicht ist es auch der Sonnenuntergang am Strand oder der letzte Moment mit einem geliebten Menschen.
Für mich gibt es solche Momente auch mit Gott. Ein „Magischer Moment“ in dem ich gespürt habe, dass Gott mich liebt und mit mir durchs Leben gehen will. Manchmal ist so ein Moment mit einem ganz bestimmten Menschen verbunden oder man hat ihn ganz für sich alleine erlebt. So oder so: die Erinnerung daran lässt auch heute noch die Augen leuchten und kann ermutigen hinaus zu gehen und Liebe auszuteilen.
Meine Augen leuchten und werden ein bisschen feucht, wenn ich mich an meine Kindheit erinnere. Ich war vielleicht sieben Jahre alt, da brachte mich meine Großmutter ins Bett und wie immer, haben wir vor dem Schlafengehen gebetet. Eingekuschelt in die große bauschige Daunenbettdecke lag ich voller Erwartung im großen Bett und sah meine Oma an. Sie setzte sich zu mir auf die Bettkante und faltete die Hände: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Äuglein zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein. Amen.“ Schnell stimmte ich in das bekannte Gebet mit ein und schloss nach dem Gute-Nacht-Kuss selig meine Augen. Gott behütet mich, in dieser Nacht und jeden neuen Tag, das habe ich in diesem Moment ganz deutlich gespürt. Diesen Moment verbinde ich seitdem nicht nur mit meiner inzwischen verstorbenen Oma, ich verbinde ihn vor allem mit Gott. Damals säte meine Großmutter den Samen des Glaubens in mir und heute kann ich sagen, dass
ich seit diesem Magischen Moment wusste: Dieser Gott will mit mir durchs Leben gehen – und ich mit ihm. Gott ist wie ein Vater, wie eine Mutter, der*die mich sieht und mich zuallererst liebt. Deshalb kann ich diese Liebe an andere weitergeben. Womöglich auch irgendwann so, wie es meine Oma bei mir getan hat.
Pfarrerin Yvonne Renner, München