Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zum Hoffnungsschein des Lichts
Und zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem Herrn diente unter Eli, war des Herrn Wort selten, und es gab kaum noch Offenbarung. Und es begab sich zur selben Zeit, dass Eli lag an seinem Ort, und seine Augen fingen an, schwach zu werden, sodass er nicht mehr sehen konnte. Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Und Samuel hatte sich gelegt im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes war. Und der Herr rief Samuel. Er aber antwortete: Siehe, hier bin ich!
aus 1. Samuel 3, 1–10
„Der Letzte macht das Licht aus…“
Schlechte Stimmung in unserer Kirche. Gefühlt wird alles irgendwie weniger. Menschen, Mittel, Gebäude, Angebote… So vieles, was wir aufgeben müssen. Jetzt sind wir auch schon in der Minderheit in unserem Land. Kirche auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit?
Es überrascht und tröstet mich ein wenig, dass es anderen auch schon so ging. Seinerzeit, heißt es in der biblischen Erzählung, „war des Herrn Wort selten, und es gab kaum noch Offenbarung.“ Auch Eli, der Priester ist alt geworden. Er tut noch seinen Dienst im Tempel, erfüllt seine Pflichten. Aber seine Augen sind schwach geworden. Er kann buchstäblich nicht mehr sehen, wie es weitergeht. Und um ihn herum: schlechte Stimmung im Volk Gottes. Der Glaube und alles, was dazugehört geht langsam aber sicher den Bach runter.
Also, auch hier: „der Letzte macht das Licht aus“? Nein, nicht ganz. „Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen“, heißt es wunderbar vieldeutig. Da ist noch Licht. Und da ist noch diese Stimme. Auch wenn der alte Priester und der junge Tempelpraktikant Samuel sich erst mal schwer tun mit dem Hören. Aber es ist tatsächlich die Stimme Gottes. Ein Weckruf, im wahrsten Sinn. Gott hat noch etwas vor mit seinen Leuten. Auch mit denen, die alle Perspektive verloren haben. Gerade mit denen. Die, die sich verrannt haben. Keinen Weg mehr sehen, keine Ideen mehr haben, keine Programme mehr aufstellen können. Die, die nichts mehr zu sagen haben. Die nur noch hören können. „Rede, denn dein Knecht hört.“
Und Gott redet. Er spricht zu den Verstummten. Er schickt seinen Geist zu den Ratlosen und Verzagten. So wie dann auch zu den Freundinnen und Freunden Jesu, die zwischen Himmelfahrt und Pfingsten in der Warteschleife hingen. Nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Nur warten konnten auf das, was Gott mit ihnen vorhatte.
Vielleicht ist das ja gerade jetzt unsere Zeit in der Kirche. Eine Wartezeit, die wir aushalten müssen. Müde vielleicht, und ratlos und verzagt. Aber nicht ohne Hoffnung. „Geh hin und leg dich schlafen. Und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede Herr, denn dein Knecht hört.“ Gott wird reden. Wir dürfen erst mal warten. Nicht hektisch betriebsam, aber auch nicht gelähmt und tatenlos. Sondern aufmerksam. Bereit für die Stimme Gottes. Warten und hinhören. Und dann weitergehen. Auf Wegen, neuen Wegen vielleicht, die Gott uns zeigen wird.
Pfarrer Rolf Roßteuscher, Coburg