Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Regionalbischof Klaus Stiegler
Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat die volle Strafe empfangen von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden. Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des Herrn Mund hat’s geredet … Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott; siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen … Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte. Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.
Jes 49, 1–11
An diesem Sonntag zünden wir die dritte Kerze am Adventskranz an. Auch für mich ein berührender Moment. In diesem Jahr umweht unsere Adventskerzen ein eisiger Wind. Nicht nur in Pflegeheimen und Bäckereien sind die Sorgen riesig, ob und wie die Energiekosten gestemmt werden können. Die Stadien dieser unsäglichen Fußball-Wüsten-WM dagegen müssen mit viel Energieaufwand auf ein erträgliches Klima herunter gekühlt werden. Rollt dort Ball, so rollen in der Ukraine noch immer die Panzer. Wir feiern Advent in verrückten Zeiten.
„Tröstet, tröstet mein Volk!“ Wie Balsam sind diese Worte für unsere geplagte Seelen. Von weit her kommt dieser Trost. Aus dem Himmel ins Ohr eines Menschen. Konkret: Ins Ohr des Propheten Jesaja im 6. Jahrhundert vor Christus. Propheten sind in der Bibel Menschen, die andere Worte hören als die üblichen. Und sie nicht für sich behalten.
Trost gehört ganz elementar zum Menschsein. Trost brauchen und Trost weitergeben. Ich bin ein Mensch, das heißt auch: Ich brauche Trost. Ich brauche Menschen, die mich trösten. Am Anfang des Lebens als schreiender Säugling. Am Ende im Stöhnen oder Aufschreien des Sterbens. Und an vielen Tagen dazwischen brauchen wir, was wir nicht haben, was von außen zu uns kommen muss.
Im Advent bereiten wir uns vor auf das Kommen des tröstenden Gottes. In der Wüste nimmt Gottes Trost seinen Lauf. In der elenden Leere. In den Erfahrungen von Dürre, Schmerz und Einsamkeit. Und so bekommen wir unsere Aufgabe im adventlichen Geschehen. Wie damals der Berg Zion und ganz Jerusalem: „Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott; siehe, da ist Gott der Herr!“
Ja, Unsere Adventskerzen umweht ein eisiger Wind. Doch wir feiern ja nicht einfach ein Lichterfest. Wir feiern das Kommen unseres Gottes. Selbst das Grabesdunkel konnte ihn nicht aufhalten zum Licht der Welt zu werden.
Regionalbischof Klaus Stiegler, Kirchenkreis Regensburg
Gebet: Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnade ein.
Lied 7: O. Heiland, reiß die Himmel