Nur noch kurz die Welt retten

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über unsere Bemühungen

Hört mir zu, ihr Bewohner der Inseln! Gebt acht, ihr Völker in der Ferne! Der Herr hat mich in seinen Dienst gerufen, als ich noch im Mutterleib war. Schon im Schoß meiner Mutter hat er mir meinen Namen gegeben. Er hat mir Worte in den Mund gelegt, so scharf wie ein Schwert. Versteckt in seiner Hand, hat er mich bereitgehalten. Wie einen spitzen Pfeil hat er mich in seinem Köcher aufbewahrt. Er sagte zu mir: „Du bist mein Knecht. Du trägst den Namen ,Israel‘. Durch dich will ich zeigen, wie herrlich ich bin.“ Ich aber sagte: „Ich habe mich vergeblich bemüht, für nichts und wieder nichts meine Kraft vertan. Doch der Herr verhilft mir zu meinem Recht, mein Gott wird mich belohnen.“  Und jetzt sagt er: „Ja, du bist mein Knecht. Du sollst die Stämme Jakobs wieder zusammenbringen und die Überlebenden Israels zurückführen. Aber das ist mir zu wenig: Ich mache dich auch zu einem Licht für die Völker. Bis ans Ende der Erde reicht meine Rettung.“

Jesaja 49,1–6

Mir kommt eine Liedzeile in den Sinn. „Muss nur noch kurz die Welt retten, danach flieg ich zu dir, …“ Ich muss schmunzeln. Für mich hat das Lied etwas Ironisches. Es stellt einen fast schon allgegenwärtigen Wunsch in Frage: Die Welt retten. Das muss wichtig sein. Aber es steht wohl der Nähe zweier Menschen zueinander im Weg.

In unserem biblischen Lied erzählt einer, Gott habe ihn erwählt. Ich stelle mir vor: Ich wäre der Eine. Und ich könnte sagen, was der Gottesknecht von sich sagt. „Menschen dieser Welt hört mal her! Gott hat mich beauftragt.“

Je höher die Ansprüche, desto größer die Fragezeichen: Wie kommt ein Mensch dazu, so von sich zu sprechen? Ich kann sie beruhigen. Der Text spricht nicht von mir. Darin sind sich die Ausleger einig, bei all ihren unterschiedlichen Ansichten, wer hier gemeint sein kann. Ich bin es jedenfalls nicht.

Es geht um einen anderen. Wer er ist, erschließt sich aus diesen Worten nicht genau. Doch mit dem Blick des Neuen Testamentes auf dieses Lied schimmert das Bild von Jesus Christus durch. Ich sehe den feinen Geist des Füreinanders, in dem einer dem anderen dient und mit vollem Einsatz für ihn da ist. So ist der Gott, den wir durch Jesus näher kennen lernen.

Der Name „Israel“ zeigt seine Zuwendung zu den Menschen. Er erinnert an das Versprechen, das Gott Jakob und seinen Nachkommen gegeben hat. Jakob soll wissen, dass Gott ihn erhält. Dieses alte Lied erzählt davon, dass das auch für Jesus gilt. Als Nachkomme Jakobs muss er die Vergeblichkeit seiner göttlichen Liebe und seiner guten Taten erfahren. Am Ende scheint alles nur vertane Kraft und Zeit.

Aber das Ende ist eben nicht das Ende, das wir für das Ende halten. Es zeigt sich schon im Alten Testament, dass Menschen in Krisen, Nöten und dunklen Zeiten, neues Vertrauen auf Gott wagen und seine Hilfe erfahren dürfen, auch wenn schon alles zu Ende erschien.

In ihren Krisen lernen sie zu unterscheiden. Zwischen ihm und uns. Zwischen dem, was er uns zusagt und dem, was er für uns tut. Und natürlich! – Auch dem, was wir für ihn in dieser Welt für andere tun können. Unsere Versuche die Welt zu retten, leiden unter Erfolgsdruck. Jesus nimmt die Last des Scheiterns auf sich, damit wir die Nähe zu ihm und zueinander nicht verlieren. Vergessen wir es nicht, wenn manches manchmal vergeblich erscheint: Das Ende steht in Gottes Händen!

Dekan Rainer Horn, Leutershausen

Lied:

291,1 Ich will dir danken, Herr