Trotz allem, von Gott geliebt

444
Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern: Jesus und die Ehebrecherin

Da führten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie sagten zu ihm: „Lehrer, diese Frau wurde auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt. Im Gesetz schreibt uns Mose vor, eine solche Frau zu steinigen. Was sagst du denn dazu?“ Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen, um ihn anklagen zu können. Aber Jesus beugte sich nur nach vorn und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: „Wer von euch ohne Schuld ist, soll den ersten Stein auf sie werfen.“ Dann beugte er sich wieder nach vorn und schrieb auf die Erde. Als sie das hörten, ging einer nach dem anderen fort, die Älteren zuerst. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die immer noch dort stand. Jesus richtete sich auf und fragte: „Frau, wo sind sie? Hat dich niemand verurteilt?“ Sie antwortete: „Niemand, Herr.“ Da sagte Jesus: „Ich verurteile dich auch nicht. Geh! Aber tue von jetzt an kein Unrecht mehr.“

Joh 8, 3-11

Das Interesse an Sexaffären scheint groß. Kaum ein Tag vergeht an dem nicht im Fernsehen oder in der Regenbogenpresse über Affären von Prominenten berichtet wird. Mit dem Blick in fremde Schlafzimmer wird die Neugier der Leser und Zuschauer befriedigt. Warum  finden das viele Menschen so interessant? Ich denke zum einen aus Neugier. Zum andern wohl auch, weil manche Menschen dabei so etwas wie Entlastung finden. Mancher mag denken: „Wenn die da oben es tun, dann kann ich mir doch auch einen kleinen Seitensprung leisten. Besser als die, bin ich doch allemal.“ 

In weiten Kreisen gelten Ehebruch oder andere sexuelle Verfehlungen als Kavaliersdelikt. Zur Zeit Jesu galt Ehebruch als todeswürdiges Verbrechen. Für die Religionswächter war die auf frischer Tat ertappte Frau der Testfall für ihre Haltung zum Gesetz. Sie nutzen die peinliche Situation um ans Licht zu zerren, was im Verborgenen geschah. Beschämt und mit gesenkten Kopf steht die Frau vor ihren Anklägern. Ein klarer Fall? 

Jesus lässt sich nicht auf juristische Winkelzüge ein. Er stellt die Ankläger infrage und er sieht die Frau in ihrer Todesangst. Die Ankläger fühlen sich ertappt. Einer nach dem andern räumt das Feld. Jesus wendet sich der Frau zu. Er nennt ihr Fehlverhalten beim Namen. Sie hat den Willen Gottes missachtet. Ehebruch ist Treuebruch. Immer bleiben Scherben. Liebe ist mehr als Sex. Liebe braucht den bergenden Rahmen und einen schützenden Raum. Aber Jesus spricht nicht das Todesurteil. Er zeigt der schuldig gewordenen Frau den Weg zum Leben. So ist Jesus. Er hasst die Sünde, aber er liebt die Sünder. 

Dekan i.R. Michael Wehrwein,  Lohr am Main

Gebet: Herr Jesus Christus, du bist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist. Danke für deine große Liebe. Amen.