Schwerhörigenseelsorge: Seelsorge und Beratung rund um das Ohr
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In der Serie „Mitten im Leben – Seelsorge und Beratung“ stellen wir je einen Bereich der Seelsorge der Evangelischen Kirche in Bayern vor.
„Die Ärzte sagen, dass das Ohr meines Kindes nicht hört und das kann zu einer Operation führen. Das tut mir in der Seele weh“, schreibt ein junges geflüchtetes Elternpaar an uns. Sie machen sich Gedanken, ob sie Schuld an dem Hörverlust des Kindes haben. Sie machen sich Gedanken um die Zukunft des Kindes und fühlen sich mit ihren Fragestellungen von den Fachkliniken allein gelassen.
„Aber Du hast doch jetzt Hörgeräte…!“ sagen Freunde vorwurfsvoll zu einer ratsuchenden Person, welche mit diesem Anliegen wiederrum an uns herantritt. Eines der Vorurteile gegenüber Menschen mit Schwerhörigkeit, welches sich hartnäckig hält: Hörgeräte gleichen einen Hörverlust vollständig aus. X-mal habe die betroffene Person den Freunden schon erklärt, dass ein Hörgerät nur ein Hilfsmittel ist und jenes Gerät maximal unterstützt, aber nicht den Hörverlust vollständig ausgleichen kann. Das belastet die Person. Sie weiß nicht mehr weiter und sucht Rat, Verständnis und ein offenes Ohr bei uns.
Schwerhörig-Sein ist ein breites Spektrum. Eine Schwerhörigkeit zu haben ist mehr als einfach nur schlecht zu hören. Es ist ein täglicher Kraftakt in der hörenden Mehrheitsgesellschaft. Wie hoch die Belastung durch die Hörbehinderung ist, ist sehr individuell und hängt von vielen Faktoren ab. Zum täglichen Kraftakt gehören beispielsweise der Umgang mit kommunikativ herausfordernden Situationen wie ein Gottesdienstbesuch, das Mittagessen mit den anderen Bewohnenden des Altersheimes, Telefon- oder Gruppengespräche, die Handhabung bei möglicher Stigmatisierung und der Umgang mit technischen Hörhilfen wie beispielsweise Hörgerät und FM-Anlage.
„Und obwohl ich mit meiner eigenen Hörbehinderung, die mich seit mehr als 25 Jahren begleitet, offen umgehe, sitze auch ich manchmal Situationen, die schwierig vom Hören her sind, einfach mal schweigend aus. Weil ich müde bin vom täglichen Kraftakt. Dann tut es gut, wenn man Ansprechpartner hat, denen man die Hörbehinderung nicht erst erklären muss. So kann die persönliche Energie-Batterie zumindest hier ein bisschen geschont werden und oft sogar wieder ein Stück weit aufgeladen werden“, teilte uns eine ratsuchende Person in einem Gespräch mit.
Schwerhörigenseelsorge bedeutet nicht nur das Aufhängen der blauen Hinweisschilder für vorhandene induktive Höranlagen in Kirchen, sondern auch das Leben der Menschen zu begleiten und regelmäßig geschützte Räume für sie zu schaffen. Das kann den ganzen Lebensweg begleitend oder aber auch auf (Teil-)Stücken des persönlichen Weges sein. Für Menschen mit Hörbehinderung barrierefreie Teilhabe an Beerdigungen wie auch Taufen und Trauungen zu ermöglichen, gehören genauso dazu wie Einzelseelsorge oder Gruppenangebote. Dies alles stets im Spannungsfeld Mensch – (Medizin-)Technik – Kirche, welches besonderes Fachwissen erforderlich macht.
Neben seelsorglichen Fragestellungen bringen Menschen mit Hörbehinderung auch sozialrechtliche Fragen mit und haben einen hohen Unterstützungsbedarf, sowohl im technischen Bereich wie bei Fragen rund um die Nutzung und Installation von induktiven Höranlagen also
in der Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit rund um das Thema
Hörbehinderung. Auch für Einrichtungen, Institutionen und Kontaktpersonen von Menschen mit Hörbehinderung sind wir ein Ansprechpartner. Daher gibt es in der Schwerhörigenseelsorge nicht nur Seelsorge sondern auch Beratung.
Kontakt
Schwerhörigenseelsorge der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, Pfr. Rolf Hörndlein, Lorenzer Platz 8–10, 90402 Nürnberg, Tel.: 0911/5072 4400,
E-Mail: info@shs-elkb.de,
Weiterführende Informationen:
https://handlungsfelder.bayern-evangelisch.de/handlungsfeld4.php