Keine halben Sachen!

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über richtige Nachfolge

Die Andacht zum Hören:

Und zum Nachlesen:

Jesus spricht: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben behalten will, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird‘s behalten. Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.  

aus Markus 8, 31–38

Derzeit ist die Formulierung „Klare Kante zeigen“ oft zu hören, sei es im Zusammenhang mit den Konflikten der großen Politik, gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der Pandemie oder auch im Umgang mit den Versäumnissen kirchlicher Institutionen. Klare Kante zeigen, also konseqent und authentisch im Sinne unseres christlichen Glauben reden und handeln. Werte sollen nicht nur Ziele und Ideale bleiben, sondern ohne Kompromisse gelebt werden. Dazu sind zweifellos auch Abgrenzungen von Irrwegen nötig. Das ist nicht immer einfach. Kompromisse sind häufig der einfachere, und auch schmerzfreiere Weg. Jesus hat in dem Wort von der Nachfolge jedoch deutlich gemacht, dass die Angst vor Konsequenzen bei unbequemen Themen und Haltungen sehr verlustreich sein kann: „der wird sein Leben verlieren!“

Es geht damals wie heute nicht nur um den Verlust der Glaubwürdigkeit, wie dies in unserer freiheitlich-demokatischen Umwelt zu befürchten wäre. Weltweit geht es im klaren Bekenntnis zum Christlichen Glauben und Werten im wahrsten Sinne wirklich darum, sein Leben aufs Spiel zu setzen, es zu verlieren!

Nachfolge ist eng verknüpft mit der Frage, was hätte Jesus gedacht, gesagt oder getan? Wer diese Fragen in den Mittelpunkt seines Lebensvollzuges stellt, gerät nicht selten ins Fadenkreuz derer, die pragmatische Kompromisse befürworten. 

Auch wenn der Ausdruck „ehebrecherisches und sündiges Geschlecht“ in unseren Ohren ein wenig hart klingt, so erleben wir es doch oft, dass Recht und Würde des Menschen angetastet werden. Seit alters her gilt der Anspruch Gottes, Menschen unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht und Leistungsfähigkeit zu respektieren, einer Gesellschaft, die bei den Werten des Menschlichen nicht immer klare Kante zeigt. Damals, wie heute!  

Jesus wusste das. In seiner Welt galt ein Menschenleben noch viel weniger als in den totalitären Regimen unserer Tage. Der Konflikt mit den herrschenden Kasten seiner Gesellschaft führte unweigerlich zu Leiden und Sterben. 

Konsequentes Leben nach den Regeln des einen Gottes in der einen heiligen Schrift birgt aber nicht nur Risiken. Der Verlust des kompromiss-reichen alten kann auch zu neuem, erfüllten Leben führen. Das ehrenamtliche Engagement für die Menschen am Rande unserer Gesellschaft, sei es bei der Tafel, in den Flüchtlingsheimen oder bei den Rettungsdiensten vor Ort birgt einen unermesslichen Schatz im Herzen. Übrigens: Für Albert Schweitzer war der Spruch vom Verlieren und Gewinnen des Lebens der Anlaß, seine vielversprechende Karriere als Theologe und Philosoph aufzugeben, um noch im Alter von 30 Jahren Medizin zu studieren. Als Urwalddoktor und Friedensaktivist erhielt er immense, unvergessene Anerkennung. 

Dekan Walter Kotschenreuther,  Cham