Editorial von Susanne Borée im Evangelischen Sonntagsblatt
Das Editorial zum Hören:
Und zum Nachlesen:
Tapfer versuchen die Lichter die zunehmende Dämmerung zu durchdringen. Wohin ich auch blicke – überall sind die Fenster hoffnungsvoll geschmückt: Die Lichter verströmen ihren warmen Schein.
Viele alte Bekannte lassen sich so bei einem abendlichen Spaziergang wieder entdecken: Dort, an dieser Straßenecke erheben sich wie jedes Jahr die Sterne gen Himmel. Und da drüben die geschmackvoll drapierten Weihnachtsbäumchen!
Nun gut, der Nachbar weiter hinten blinkt wie immer überladen. Und dieses Jahr hat er sich noch ein Rentier samt Schlitten aus bunten Lichtlein angeschafft!
Sobald meine Blicke aus der unmittelbaren Nachbarschaft hinaus schweifen, kenne ich kaum noch Namen und Gesichter der Menschen, die dort wohnen. Aber ich erinnere mich wieder daran – als wäre es erst gestern gewesen – wie es vorheriges Jahr dort leuchtete.
Es sind doch alles kleine Hoffnungszeichen gegen die zunehmende Trostlosigkeit.
Gegen die fest geschlossenen Buden, die doch ein Teil des Weihnachtsmarktes sein wollten! Nur ein Stand für gebrannte Mandeln, Zuckerherzen und ähnliche Gaumenfreuden hat auf. Ja, und dahinten wohl auch noch ein Glühwein-Händler – dem Stimmengewirr nach zu urteilen.
Verkaufsoffene Sonntage in der Innenstadt zum Advent rechnen sich offenbar meist nur noch in seltenen Fällen. Auch das lässt sich bei einem Sonntagsspaziergang in der „Blauen Stunde“ der Abenddämmerung schnell bemerken. Selbst viele Schaufenster bleiben gleich ganz dunkel.
Ist dies eine Rückkehr zum Eigentlichen der Adventsbotschaft in dieser Corona-Zeit? Die Ablenkung durch Weihnachtsmärkte und -feiern, durch Glühwein- und Geschenkerausch fällt flach. Oder ist es der Beginn der großen Trostlosigkeit, wenn die gewohnte Zerstreuung fehlt? Ganz abgesehen vom wirtschaftlichen Niedergang vieler Einzelhändler, Schausteller oder Restaurantbesitzer – und darüber hinaus.
Und sind nicht auch die Lichterfiguren und -ketten in den Fenstern und Vorgärten Energieverschwendung? Aber dennoch kleine Hoffnungszeichen. Häuser-
fronten gewinnen durch sie ein Gesicht. Und es bleibt die Zuversicht: „Die Nacht ist vorgedrungen / der Tag ist nicht mehr fern“. Jochen Kleppers „Bald ist Weihnachten“. Und danach wir es wieder täglich heller!