Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt über Zeit der Jugend und des Alterns
Die Andacht zum Hören:
Und zum Nachlesen:
Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre nahen, da du wirst sagen: „Sie gefallen mir nicht“; zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind. Wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.
aus Prediger 12, 1–7
Endlich haben die Diskotheken wieder geöffnet. Viel zu lange hat der Lockdown die Jugend ausgebremst. Jetzt endlich kann man wieder feiern, sich treffen, sich umarmen gar und einfach das Leben in Freiheit genießen. Man ist nur einmal jung und alt wirst du schneller als dir lieb ist. Und was das dann heißt, alt zu sein, das wird in Prediger 12 ausführlich beschrieben, noch dazu in einer kraftvollen Bildersprache: Die Hände als „Hüter des Hauses“ zittern und die Beine, die einst „Starken“ werden krumm und die Haare werden weiß wie die „Mandelbaumblüte“ und am Ende ist es dann vorbei und was bleibt ist „Staub“ und das war‘s. Es wird hier nicht drum herumgeredet: Altsein ist schwer und endet mit dem Tod.
Keine schöne Perspektive für die Jugend und natürlich erst Recht ein Grund mehr, es richtig krachen zu lassen solange es geht, solange die „bösen Tage des Alters“ noch weit entfernt sind. Und so rät der Prediger ein paar Verse zuvor auch dazu, sich zu freuen in der Jugend und das Herz „guter Dinge“ sein zu lassen. Dann aber beschreibt er ausführlich die Mühen der späten Jahre und regt die Jugend an, sich an ihren Schöpfer zu erinnern und damit im Angesicht der Vergänglichkeit zu begreifen, dass Leben ein Geschenk von weiter oben ist. Es ist letztlich eine Einladung, seinem Leben einen Sinn zu geben. Denn wenn wirklich ein Gott ist, der alles Leben möglich macht, dann muss es einen Sinn darin geben. Und dann ist auch das Ende ohne Schrecken, denn dann geht mein „Geist wieder zu Gott“, wie es im letzten Vers hoffnungsvoll heißt.
Diese Botschaft der Zuversicht Kindern und Jugendlichen mit auf ihren Lebensweg zu geben, ist die Chance des Religions- und Konfirmandenunterrichtes und sollte auch im Mittelpunkt jeder kirchlichen Jugendarbeit stehen. Wie oft habe ich erlebt, dass Alte sich an die Bibelverse und Liedtexte ihrer Jugend erinnern und oftmals noch auswendig können. Wie wird das bei den Kindern von heute einmal sein? Sich in der Jugend an seinen Schöpfer zu erinnern, heißt auch, sich die Tradition des Glaubens zu erschließen und sich ein Fundament von Glaubenstexten anzueignen, die dann durchtragen können in den bösen Tagen des Lebens.
Wenn die Augen müde werden, brauche ich eine Sicht von weiter innen, eine Gewissheit, dass meine Vergänglichkeit gut aufgehoben ist bei dem, der mich geschaffen hat. Den Kindern soll das Leben gelingen. Erzählen wir ihnen von unserem Glauben, von unserem Zweifel und unserer Suche nach Sinn. Machen wir ihnen Mut, ihr Leben zu gestalten, ganz im Sinne einer Weisheit, die Augustinus zugeschrieben wird: „Aus Gottes Hand empfange ich mein Leben, unter Gottes Hand gestalte ich mein Leben, in Gottes Hand gebe ich mein Leben zurück.“
Kirchenrat Oliver Spilker, Religionspädagoge, Landshut/Regensburg
Gebet:
Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn. Amen.
(Psalm 143,10)