Gnade, nichts als Gnade

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt über Demut als Eigenleistung

Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr gerettet –; und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, damit er in den kommenden Zeiten er zeige den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus. Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen. 

Epheser 2, 4–10

Da meint es jemand wirklich gut mit uns. Nur Positives ist zu lesen: Geliebt seid ihr und gerettet, lebendig gemacht und auferweckt und so fort. Man könnte fast euphorisch werden, zumal Gott selbst in seiner unendlichen Liebe als Ursprung all dieser Wohltaten genannt wird. Besser könnte es doch gar nicht sein. Besser könnte es doch gar nicht laufen für uns. Wir müssen nicht einmal etwas dazu tun. Nur das Geschenk annehmen.

Da müssten sie doch eigentlich in Scharen strömen und hellauf begeistert sein vom Glauben an Jesus Christus. Sind sie aber nicht. Tun sie aber nicht. Vielen scheint es irgendwie egal zu sein. Warum ist das so? Wie kann man ein solches Geschenk ausschlagen? Wie kann man so ignorant sein? Und schon ist man in die alte Pharisäer-Falle getappt, hält die anderen für undankbar und blind und sich selbst für gottgefällig und wissend.

Wie kriege ich es bloß hin, mit Freude vom Glauben erfüllt zu sein und zugleich meine Mitmenschen zu respektieren? Vielleicht mit Bescheidenheit und Demut. Aber mit echter Bescheidenheit. Da darf nichts gönnerhaft gespielt sein. Das muss wirklich aus meinem Herzen kommen.

Und wie kann das gehen? Indem ich mir tatsächlich bewusst mache, dass ich vor Gott keinen Deut besser dastehe als irgendjemand anders, dass ich – wie jeder andere auch – ganz und gar auf meinen Herrgott angewiesen bin und dass nichts von dem, was ich meine zu sein, ich selbst geschafft habe, sondern allein er. Das ist dann die Demut, die aus Erkenntnis und Dankbarkeit erwächst. Aber auch diese Demut kann nicht selbst erzeugt, sondern nur empfangen werden.

Demut als Eigenleistung? Schon säße ich wieder in der alten Falle. Nein, alles ist Gnade. Es kann nur Gnade sein. Aus Gottes Güte und Barmherzigkeit, „ohn all mein Verdienst und Würdigkeit“. Luthers Kleiner Katechismus mit der Auslegung der drei Artikel des Glaubensbekenntnisses hilft ungemein, den Blick zu schärfen: Demut im Glauben. Glauben in Demut.

Was ist das? Es ist: „für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewisslich wahr.“ Und wer darüber noch mehr erfahren möchte, kann an dieser Stelle sein Gesangbuch unter der Nummer 905 aufschlagen und bei Martin Luther direkt nachlesen. Mir jedenfalls fällt keine bessere Erklärung unseres Bibelabschnitts ein: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben …“

Dekan Uwe Rasp, Uffenheim