Mutter Jesu bereits in die Schrift vertieft

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Lier_Reise durch das Alte Testament
Suzanne Lier: Reise durch das Alte Testament (Detail vom Buchcover).

Reise durch das Alte Testament fortgesetzt

Vom „guten Hirten“ aus den frühen urchristlichen Jahrhunderten bis zu Karikaturen Ivan Steigers aus der Wendezeit spannt sie den Rahmen: Suzanne Lier lud erneut zu einer künstlerischen „Reise durch das Alte Testament“. Nun wandte sie ihren Blick den Prophetenbüchern zu – nachdem sie bereits zwei Mal Familien auf ihre „Reisen durch das Alte Testament“ mitgenommen hatte (Das Evangelische Sonntagsblatt stellte die ersten beiden Bände im Oktober 2013 und 2017 vor). 

Die drei „großen“ und zwölf „kleinen Propheten“ veränderten mit ihrem Engagement und ihrer Courage die Welt und wirken bis in unsere heutige Zeit hinein, so Lier. Wer kennt nicht das Motto von den Schwertern, die zu Pflugscharen umgeschmiedet werden? Das ist aber nicht das einzige Thema im Buch Jesaja, an dessen Buch drei Propheten aus gänzlich unterschiedlichen Epochen mitgeschrieben haben: Das Nachdenken über die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes, Forderungen gegenüber sozialer Gerechtigkeit oder Erwartungen an künftige Herrscher durchziehen die Jesaja-Kapitel.

Viele Bilder der Propheten begegnen uns im Neuen Testament wieder, das Christen an ihre Erfüllung durch Jesus glauben. Insofern sind es fundamentale Grundlagen für unser heutiges religiöses Verständnis – bis hin zum Ochsen und Esel an der Krippe. Lier weist schon zu Beginn dieses Buches auf ein mittelalterliches Madonnen-Porträt hin, in dem die Mutter Jesu in „die Schrift“ vertieft ist. Was kann es anderes sein als ein Prophetenbuch? 

Suzanne Lier ist es wichtig, zusammengehörige biblische Motive durch Kunstwerke eines einheitlichen Stils zu bebildern – etwa das Nachdenken des 3. Jesaja über Zion mit abstrakten Gemälden Rothkos. Einfacher abzudrucken sind natürlich ältere Kunstwerke, die inzwischen oft gemeinfrei erhältlich sind. Das Berner Münster ließ eigens das Jesaja-Fenster Felix Hoffmanns für das Buch professionell ablichten. Manche Museen nutzen die Corona-Zeit für das Erstellen digitaler Bildarchive, erklärt Lier dem Sonntagsblatt. Das erleichterte die Suche – auch wenn ihr wichtig ist, die Kunstwerke durchaus im Original auf sich wirken zu lassen. Eine eigene „Städte-reise“ zu den Standorten vieler Kunstwerke schlägt sie im Anhang vor. So hält Religion einen unerschöpflichen Reichtum für alle Menschen bereit.

Dieser prächtig bebilderte dritte Band der Reise durch das Alte Testament präsentiert wie die beiden anderen Bände somit bewegende Kunstwerke aus unterschiedlichen Epochen. Er bringt sie ins Gespräch mit biblischen Texten. Diesmal hat die Autorin das Einstiegsalter für das Buch auf zehn Jahre heraufgesetzt, „weil die prophetischen Texte die Prophetie in ihrer komplexeren Bildsprache und mit ihrem inhaltlichen Anspruch ein größeres Maß an Abstraktionsvermögen voraussetze als die Erzählungen der Bände zuvor. So wächst das Alter der Kinder mit Erscheinen der einzelnen Bände einfach mit.“ Bilderrätsel zu den einzelnen Teilen richten den Blick auf einzelne Illustrationen und fordern ein Nachblättern. Sehhilfen und Fragen zu den Bildern speziell an Kinder und Jugendliche führen zum Sinn der prophetischen Worte. Das Buch will neugierig machen. Entstanden ist wiederum keinfalls eine der üblichen illustrierten Kinderbibeln, wie sie hundertfältig erschienen sind. Nein, sie zeigen den gesamten Facettenreichtum biblischer Bücher.  Susanne Borée

Suzanne Lier: Reise durch das Alte Testament – Die Prophetenbücher. Hardcover mit Lesebändchen, 352 Seiten Verlag Bibel & Kunst 2021, Preis: 28,- Euro, ISBN 978-3-9815308-4-1.

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