Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen

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Editorial von Martin Ben-Baier, Chefredakteur des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt von Martin Bei-Baier

Es begann mit einem Betrug. Ein Bremer Kaufmann kaufte 1883 dem Nama-Kaptein Josef Frederiks II in Südwest-Afrika, dem heutigen Namibia, die Bucht von Angra Pequena und das Land im Umkreis von fünf geographischen Meilen für 100 Pfund in Gold und 200 Gewehre ab. Dabei verheimlichte er, dass er von deutschen Meilen zu etwa 7,5 km und nicht den kürzeren englischen Meilen zu 1,6 km ausging. Weiteren Kapteins der Nama, die die Deutschen abschätzig „Hottentotten“ nannten, wurde Land abgekauft, dass sie zum Teil gar nicht besaßen. Unruhen und Konflikte waren vorprogrammiert.

Reichskanzler Otto von Bismarck stand einer deutschen Kolonialpolitik eher zurückhaltend gegenüber. Aber 1884 entsandte man Kriegsschiffe und nahm die von den Bremer Kaufleuten beanspruchten Gebiete unter deutschen Schutz. Man stellte eine sogenannte „Schutztruppe“ auf. 

Das Land wurde einerseits nun seiner Bodenschätze beraubt, anderseits von deutschen Siedlern bevölkert. Die ursprüngliche Bevölkerung von Nama, Herero und Buschleuten wurde in ihren Rechten beschnitten und auch immer mehr verdrängt. Weidegründe wurden den viehzüchtenden Hereo streitig gemacht. Durch Seuchen und Krankheiten verarmten viele Hereo und kamen in deutsche Abhängigkeiten. Daraus erwuchs schließlich der Aufstand, der mit einem Völkermord endete.

Nun nach mehr als 115 Jahren kam es endlich zu einer Einigung zwischen Deutschland und Namibia zum Umgang mit deutschen Kolonialverbrechen.

Kritik kam von Herero- und Nama-Verbänden, die nicht an den Verhandlungen beteiligt waren. Der Verhandlungsführer der Bundesregierung Ruprecht Polenz sagte dem Evangelischen Pressedienst, bei jeder Verhandlungsrunde hätten Vertreter der Herero und Nama am Tisch gesessen. „Die Kritik gab‘s von denen, die gerne am Tisch gesessen hätten, wo die namibische Regierung aber anders entschieden hat und andere Herero und Nama an den Tisch gesetzt hat. Sowas kommt vor.“ Die Zahl der unterschiedlichen Gruppierungen der Volksstämme sei sehr groß. 

Es steht zu hoffen, dass die deutsche Seite einen behutsamen und umsichtigen weiteren Weg findet, sich mit der Regierung und allen Menschen in Namibia auszusöhnen. Weitere Schritte der Völkerverständigung und Zusammenarbeit müssen folgen.