Andacht: Diakonissen und Marlene Dietrich

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

1. Korinther 3, 9–17

Amrum. Viel Sonne, Strand und Meer, Wind und Weite – wie wohltuend, befreiend und erholsam ist die Nordseeinsel nach den Monaten meist in geschlossenen Räumen. Wir hatten im Urlaub auf Amrum die Gelegenheit, einen bald 100 Jahre alten Stummfilm anzuschauen – im großen Norddorfer Gemeindehaus mit live auf dem Flügel gespielter Filmmusik, die zu jeder Szene ein passendes musikalisches Motiv ertönen ließ.

Gezeigt wurde ein ungewöhnlicher Film – mit diakonischem Hintergrund: „Ferientage auf Amrum (1925)“. Pastor Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere hat den Film 1925 in Auftrag gegeben. Er zeigt die Reise der Diakonissen aus Bielefeld-Bethel zu den Seehospizen, die sein Vater in den späten 1880er Jahren auf der Insel Amrum bewusst als christliche Erholungshäuser erschaffen hat. Die Diakonissen tauchen im Film immer wieder auf – erkennbar an der Kaiserswerther Tracht mit dem blauen (im Film dunklen) Kleid mit kleinen weißen Punkten und der weißen Haube. 

Eine Szene aus dem Film wird mir noch lange in Erinnerung bleiben: Etwa sieben Dia-konissen sitzen in ihrer Tracht als Gruppe in den Dünen am Strand beieinander, sonnen sich, unterhalten sich, genießen sichtlich die Situation. Wohltuend, entspannend und erholsam für die, die sich immer im Dienst wissen.

Und dazu ertönte live am Flügel eine bekannte Melodie, die sofort im Kopf ganz andere Filmbilder entstehen lässt: Marlene Dietrich singt mondän und erotisch-lasziv in der legendären Paraderolle der Lola im Film „Der Blaue Engel“ (von Josef von Sternberg, 1930) – in der Bar gleichen Namens:

Ich bin von Kopf bis Fuß

auf Liebe eingestellt,

denn das ist meine Welt

und sonst gar nichts.

Das ist, was soll ich machen,

meine Natur.

Ich kann halt lieben nur

und sonst gar nichts.

Ein spontanes Lachen ging durchs Publikum beim Erkennen der Melodie und der gewagten Kombination. Und dann ging es über in ein erkennendes Raunen, wie stimmig diese Melodie zu der Szene mit den Diakonissen am Strand passt.

Die Diakonissen, die Diakonie mit Haut und Haar, mit Tracht und Haube verkörpern, sind selbst die „Blauen Engel“. Sie leben genau das, was Marlene Dietrich als Lola gesungen hat. Nur denken sie vielleicht bei „Liebe“ weniger an Erotik denn an Agape, die göttliche Liebe und die liebende Zuwendung. Sie verstehen sich als Gottes Mitarbeiterinnen. Ihr Grund des Lebens ist der, der gelegt ist, Jesus Christus. Und (d)er ist halt Liebe nur, und sonst gar nichts …

Christine Ursel, Religionspädagogin,

Fortbildungsreferentin beim Diakonischen Werk Bayern im Diakonie.Kolleg.

Lied 417,2:

Lass die Wurzel unsers Handelns Liebe sein, dieser größten Gabe ist kein Dienst zu klein. Herr, lass alles, alles hier auf Erden Liebe, Liebe werden!