„Und dann gibt es ja auch noch diese vielen sinnlosen Sprüche. Als hätten solche Sätze schon jemanden jemals geholfen!“ Die Augen meiner Gesprächspartnerin blitzen empört: „Du musst nur positiv denken, dann wird alles gut.“ Oder: „Das wird schon wieder.“
Sie schnaubt verächtlich. „Wissen sie“, sagt sie „Wenn man ganz unten ist – aus welchem Grund auch immer – dann ist das alles Quatsch. Natürlich kann man dann nicht positiv denken. Nicht im Augenblick des tiefsten Tals daran, dass man jemals wieder herauskommt!“
Sie weiß es. Mit ihren 83 Jahren hat sie schon viel erlebt. Ein Leben – gefüllt mit viel Freud‘ und auch viel Leid.
„Sicherlich haben die Menschen oft Angst, nicht die richtigen Worte zu finden oder ihre eigene, heile Welt zu gefährden. Und darum sagen sie so dummes Zeugs!“
Wir sitzen mit dem nötigen Sicherheitsabstand auf Parkbänken und plaudern. Meine Gesprächspartnerin wird mir später in einer Mail schreiben, dass ich seit der Ausgangsbeschränkung wegen des Corona-Virus ihr erster „richtiger und persönlicher Menschenkontakt“ bin. Vieles hat sich aufgestaut in der Zeit der Isolation. Die Zeit war hart für sie. Einige dieser Sprüche hat sie gehört in dieser Zeit.
Ich kenne solche Sprüche auch. Sie scheinen alterlos zu sein. Doch wie könnte man mit Menschen stattdessen reden, denen es nicht gut geht? Was könnte helfen?
Ob man überhaupt reden muss? Könnte man sich an den Freunden Hiobs ein Beispiel nehmen? Sie „saßen mit ihm auf der Erde, sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war“ lesen wir bei Hiob 2, 11–13.
Vielleich – so überlegen wir – wäre es gut, zunächst bei sich selbst anzufangen. Sich Sätze im Vorfeld zu überlegen, die helfen könnten. Die einem selbst gut tun würden, wenn es mal nicht rund läuft. Und die man in die Welt tragen kann, um andere zu trösten und zu stärken.
Wenn es einem selbst oder anderen nicht gut geht braucht es bestärkende Sätze und jemanden, der zuhört. Der nicht die schnelle Lösung in einem Satz präsentiert. In Zeiten der Isolation wie derzeit braucht es das noch viel mehr als sonst.