Verzweifelter Kampf gegen Riesenschwärme

1102
Heuschreckenplage in Ostafrika. Foto: Johanniter/RACIDA
Heuschreckenplage in Ostafrika. Foto: Johanniter/RACIDA

Heuschreckenplage in Ostafrika und Asien bedroht Millionen Menschen mit Hunger

Eine schwere Hungersnot in Ostafrika befürchtet Malte Landgraff, Projektkoordinator für Kenia bei der Johanniter-Auslandshilfe. Eine ungeheure Heuschreckenplage bedroht die Felder. Die Insekten kommen aus Äthiopien und Somalia und verheerten gerade Kenia.

Begünstigt durch extreme Wetterlagen und die schweren Überschwemmungen konnten sich enorme Heuschreckenschwärme bilden. Während es in Australien in den letzten Wochen bekanntlich zu trocken war, führte dasselbe Wetterphänomen auf der anderen Seite des Ozeans zu Zyklonen und damit zu Überschwemmungen. 13 Länder sind betroffen – nicht nur am Horn von Afrika, sondern genauso in Asien: dort vor allem Indien und Pakistan, aber auch im Iran.

Der größte bisher gemessene Schwarm in Kenia hat eine Ausdehnung von 2.400 Quadratkilometern. Ein einziger Quadratkilometer der gefräßigen Insekten kann an einem Tag die Menge an Nahrungsmitteln vertilgen, die 35.000 Menschen zum Leben benötigen.
Die betroffenen Länder versuchen, die Plage etwa durch den Einsatz von Pestiziden einzudämmen. Dies stellt das einzige wirksame Mittel gegen die Heuschrecken dar – besonders im Frühstadium der Schwarmbildung. Doch der großflächige Einsatz der Insektenvernichtungsmittel hat unabsehbare Nebenwirkungen für die Umwelt.

Auf den Dörfern schicken viele Bauern voller Verzweiflung ihre Kinder mit Topfdeckeln oder Trillerpfeifen auf die Felder, um Lärm zu machen. Auch mit Schreien, Trommeln oder gar Schusswaffen scheuchen sie die Heuschrecken in kleinem Ausmaß auf. Doch sind diese Maßnahmen nur Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber der enormen Invasion der Insekten. Wenn überhaupt, lassen sie sich dann einfach auf dem nächsten Feld nieder. Großflächig bleibt der Lärm wirkungslos.

Nach Angaben der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, die die Hilfen koordiniert, sind derzeit rund 11,9 Millionen Menschen in Afrika von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. 6,7 Millionen davon bedrohte Menschen leben in Äthiopien, 3,1 Millionen leben in Kenia und weitere 2,1 Millionen in Somalia. Gerade im letztgenannten Land sind Hilfsmaßnahmen aufgrund des Bürgerkrieges fast unmöglich.

Besonders trifft die Notsituation zunächst Kleinbauern und Selbstversorger. Seit 25 Jahren soll die Invasion der kleinen Insekten nicht mehr so bedrohlich gewesen sein. In Kenia seien die Schäden so groß wie seit 70 Jahren nicht mehr. In Franken und Bayern trat eine Plage der Wanderheuschrecken zuletzt 1749 auf – und war damit die letzte derartige Katastrophe in Mitteleuropa.

Hilfsorganisationen wie der Auslandsdienst der Johanniter führen gerade in Kenia Projekte zur Bekämpfung von Unterernährung durch. Sie stehen in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden und den Vereinten Nationen. Und sie haben sich in der „Aktion Deutschland hilft“ zu einem umfassenden Hilfsbündnis zusammengeschlossen.

Gezielte Aufklärungsarbeit, Früh- warnsysteme oder eindämmende Maßnahmen wie vorzeitige Ernte kann zumindest dabei helfen, das Ausmaß der Nahrungsausfälle etwas zu reduzieren. Ausgleichende Hilfszahlungen entlasten dann die Menschen ein wenig, die besonders unter den Ernte- und Einkommensverlusten leiden.

Bei einem weiteren flächendeckenden Einsatz von Pestiziden sollte die Bevölkerung über mögliche Folgen aufgeklärt werden, fordern die Johanniter. Auch hier sind Frühwarnsysteme nötig, damit die betroffenen Menschen sich nicht unwissentlich den toxischen Mitteln aussetzen. Auch Helfer vor Ort sollen von diesen Schutzmaßnahmen profitieren.

In den kommenden Wochen und Monaten wird die Situation wohl weiter eskalieren: Denn die Nachkommen der aktuellen Generation der Heuschrecken können noch zahlreicher werden – zumal die Regenzeit noch beginnt. Die riesigen Schwärme aus gefräßigen Heuschrecken haben bis zum Redaktionsschluss auch Uganda und Tansania erreicht. Uganda hat offenbar keine Sprühflugzeuge.

Außerdem befürchten die Beobachter der Plage, dass die Heuschrecken Richtung Südsudan weiterziehen. Dort ist die Lage aufgrund ­anhaltender Kämpfe ohnehin schlechter. Oder sie kehren nach Somalia zurück.

Durch die Heuschreckenplage schätzt die FAO der Vereinten Nationen, dass weitere rund 20,1 Millionen Menschen nicht genug Nahrung bekommen könnten. Sollte sich die Lage in Indien und Pakistan verschärfen, droht eine länderübergreifende Hungerkatastrophe.

Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
Stichwort: „Heuschreckenplage Ostafrika“
IBAN: DE94 3702 0500 0433 0433 00 (Bank für Sozialwirtschaft)